Tannine im Wein: Herkunft und Wirkung

Weine mit einem hohen Tanningehalt nehmen wir als bitter wahr, gleichzeitig geben sie einem Wein Struktur. Was sind Tannine überhaupt, wie gelangen sie in den Wein und was kannst du tun, wenn dir ein Wein zu tanninlastig erscheint?

WAS SIND TANNINE UND WELCHE WIRKUNG HABEN SIE?

Tannine (Gerbstoffe) gehören zur Gruppe der Polyphenole und finden sich in der Traubenschale, den Kernen und Stielen von Trauben als auch im Holz und der Rinde von Eichen, Kastanien. Sie machen einen Wein haltbarer, geben diesem einen typischen Geschmack und tragen zur Farbintensität bei. Der Anteil und die Struktur der Tannine im Wein werden von der Winzerin bzw. dem Winzer im Weinberg als auch während des Ausbaus im Keller beeinflusst.

Tannine: Wirkung und Geschmack

An sich sind Tannine vollkommen geschmacks- und geruchslos. Typisch ist vielmehr das Mundgefühl, das sie verursachen: Im Fachjargon heißt es „adstringierend“ – was so viel heißt wie zusammenziehend. Oft wird dieses Mundgefühl auch als bitter, pelzig oder austrocknend beschrieben.

Je tanninhaltiger der Wein, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass du den Geschmack als ausgesprochen bitter und pelzig wahrnimmst. Das ist in keinem Fall gewünscht – die Tannine sollen den Geschmack nicht negativ beeinflussen. Vielmehr gibt ein ausgewogener Tanningehalt einem Wein Struktur und harmoniert mit den vorhandenen Fruchtaromen. Neben Wein sind Tannine auch in anderen Lebensmitteln wie Bitterschokolade oder schwarzem Tee enthalten.

Geschmacklich sind sie also leicht zu erkennen: Gut eingebunden sind Aromen wie Tabak, Schokolade, Kaffee, Vanille und Pfeffer zu erkennen. Ein leicht pelziger Belag auf den Zähen und ein trockenes Mundgefühl hingegen sind Anzeichen eines jungen Weins mit zu hohem Tanningehalt. Durch ihren starken Charakter benötigen gerbstoffbetonte Weine würzige und kräftige Speisenpartner, die dem Geschmack des Weins standhalten.

Da die Gerbstoffe in Schale & Co. antiseptisch wirken, ist ein tanninhaltiger Wein übrigens auch länger haltbar und eher für Lagerung und Reifung in der Flasche geeignet.

 

Tannine in der Wein-Herstellung

Verschiedene Faktoren in der Weinherstellung nehmen Einfluss auf den Tanningehalt des Weines. Dazu zählen unter anderem:

  • Sind die Traubenkerne nicht reif, wird beim Keltern der grüne, bittere Saft im Kern mit ausgepresst und der Wein schmeckt herb.
  • Werden Stiele und Stängel mit vergärt, lösen sich auch die darin enthaltenen Tannine.
  • Je länger die Schalen und Kerne bei der Maischegärung extrahiert werden, desto tanninhaltiger das Ergebnis.
  • Je höher der Auspressdruck, desto mehr Tannine gelangen in den Wein.

 
Rotwein und Tannine

Tannine werden oft mit Rotwein in Verbindung gebracht – kein Wunder, denn rote Rebsorten enthalten prinzipiell mehr Gerbstoffe als weiße. Hinzu kommt, dass Rotwein üblicherweise mit einer Maischegärung ausgebaut wird – wobei die Trauben zunächst inklusive ihrer Schalen gären. Dieses Verfahren sorgt dafür, dass der Rotwein seine Farbintensität erhält. Gleichzeitig hat dies den praktischen Nebeneffekt, dass der Wein die in der Schale enthaltenen Tannine aufnimmt und so mehr Struktur erlangt.

Auch weiße Trauben enthalten Gerbstoffe – jedoch deutlich weniger als rote. Zusätzlich erfahren Weißweine aus geschmacklichen Gründen im Normalfall auch keine Maischegärung.

Tannine können jedoch auch auf andere Weise in den Wein gelangen, z. B. durch Holzfässer.

 
Gerbstoffe durch Weinausbau: Tannine á la Barrique

Während des Weinausbaus können dem Wein zusätzlich Tannine beigeführt werden. Wie bereits erwähnt kommen die Gerbstoffe nämlich auch in Holz, Rinde oder Kastanien vor. So wird der Gerbstoffgehalt im Wein durch z. B. den Einsatz von neuen Holzfässern oder kleinen Barriques beeinflusst. Je neuer das Fass, desto mehr Gerbstoffe gibt das Holz an den Wein ab.

Ein Glas gefüllt mit Rotwein, sowie Flasche und Trauben auf einem Tisch. Daneben ein Barriquefass, das eine Rolle für die Tannine in Weinen spielt.

Bei der industriellen Herstellung eines Weins kommen immer häufiger auch Holz-Chips, aus Eichenholz, zum Einsatz. Diese werden während der Reifung im Stahltank unter den Wein gemischt und geben auf diese Weise Tannine an den Wein ab. Dieses Verfahren ist im Vergleich zur klassischen Reifung im Barrique deutlich günstiger.

Für mich ist es von großer Bedeutung, wie ein Wein seinen Gerbstoffgehalt erhält. Spitzenweine benötigen Zeit, sind aufwendiger in der Herstellung und kosten mehr! Am Preis des Weines kann man sehr schnell feststellen, ob dieser sorgsam, mit Geduld und handwerklich bereitet wurde oder ob der Wein industriell „gewürzt“ wurde.

Übrigens: Eine Kennzeichnungspflicht dafür, wie ein Wein seinen Gerbstoffgehalt erhielt, gibt es nicht.

WEIN ATMEN LASSEN: KARAFFIEREN UND TANNINE FREI LASSEN

Eines vorab: Nicht jeder Wein sollte atmen. Sobald der Wein mit Sauerstoff in Verbindung kommt, spielen sich chemische Prozesse ab, die den Geschmack positiv, aber auch negativ beeinflussen können. Beim Karaffieren geschieht genau das, wobei die Entscheidung, einen Wein atmen zu lassen oder nicht, nicht immer einfach ist. Wenn du jedoch vorsichtig vorgehst und ein paar Dinge beachtest, gelingt es auch dir, das Beste aus deinem Wein herauszuholen.

Welchen Wein sollte man atmen lassen und welchen besser nicht?

Durch den Kontakt mit Sauerstoff, kann die durch Tannine ausgelöste Adstringenz abgemildert werden. Bei so manchem Wein führt dies dazu, dass die Fruchtnoten besser wahrgenommen werden. Aber Vorsicht: Ist der Wein nur bedingt tanninhaltig, kann das den Geschmack des Weines negativ beeinflussen.

Rotwein aus dem Barrique-Fass mit Korkenzieher

Grundsätzlich ist der Oxidationsprozess bei älteren Weinen bereits weiter vorangeschritten als bei jungen. Durch den Korken gelangt nämlich bereits während der Lagerung in der Flasche Sauerstoff an den Wein. Während der Reifung in der Flasche werden die Tannine bereits teilweise abgebaut – vor allem gut gereiften Weinen kann das Karaffieren dem Wein also schaden.

Bei Jungweinen hingegen kann der Kontakt mit Sauerstoff dazu führen, dass sie eine Art Schnell-Reife erfahren, die dem Wein einen intensiveren Geschmack verleiht. Aber auch hier ist Vorsicht geboten: Nicht alle Jungweine werden durch den Kontakt mit Sauerstoff besser. Viele junge Weine werden genussreif abgefüllt und bedürfen gar keiner weiteren Reifung.

 

So findest du heraus, ob du deinen Wein atmen lassen solltest

Prinzipiell profitieren junge Weine also eher vom Kontakt mit Sauerstoff als ältere, es gibt jedoch auch viele Ausnahmen. Deshalb mein Tipp: Probieren geht über Studieren! Damit ist nicht etwa gemeint, dass du deinen Wein auf gut Glück karaffierst – im Gegenteil, das könnte ihm sogar schaden. Am besten schenkst du dir nach dem Öffnen einen Schluck ins Glas und probierst, wie der Wein schmeckt. Wirkt er verschlossen, tanninlastig oder ausdruckslos? Dann solltest du den Wein atmen lassen, damit er seine gesamte Aromatik entfalten kann. Er wirkt bereits offen und die Aromatik ist auf den Punkt? Dann solltest du davon absehen, ihn mit Sauerstoff in Kontakt zu bringen – genieße den Wein entweder direkt oder verschließe die Flasche wieder mit dem Korken, bis du ihn servierst.

 

Karaffieren von Wein: So geht‘s

Zunächst musst du zwischen dem Dekantieren und dem Karaffieren unterscheiden. Während das Ziel des Karaffierens ist, den Wein mit Sauerstoff in Kontakt zu bringen, um seinen Geschmack positiv zu beeinflussen, kommt das Dekantieren zum Einsatz, wenn dein Wein ein Depot ausgebildet hat. Dabei geht das Dekantieren behutsamer von statten: Der Wein wird vorsichtig in die Karaffe gefüllt, während der Bodensatz in der Flasche zurückbleibt.

Wein atmen lassen: So gelingt dir das Karaffieren!

Beide Vorgänge beschreiben also das Umfüllen des Weins in ein anderes Gefäß – jedoch auf unterschiedliche Weise!

Wenn du deinen Wein probierst und feststellst, dass er vom Kontakt mit Sauerstoff profitieren könnte, solltest du ihn karaffieren – in der Flasche kann Wein nämlich nur bedingt atmen. Beim Karaffieren eines Weines gehst du folgendermaßen vor:

  • Zunächst benötigst du eine Karaffe. Es gibt eine Vielzahl an verschiedenen Ausführungen und Formen – da fragst du dich sicher, welche Karaffe die richtige zum Karaffieren ist. Grundsätzlich lässt sich sagen: Je größer die Oberfläche und je breiter der Hals, desto mehr Sauerstoff gelangt an den Wein. Für einen jungen Rotwein, der durch das Atmen-Lassen nachreifen soll, ist daher eine sehr bauchige Karaffe mit breitem Hals zu empfehlen. Bei älteren Weinen solltest du vorsichtiger vorgehen und eine kleinere  Karaffe mit einem schmalen Hals wählen – ein Dekanter ist hier ausreichend. Du bist Anfänger und hast noch nie einen Wein karaffiert – kein Problem! Am besten startest du mit einem mittleren Modell, denn dieses eignet sich am besten, um erste Erfahrungen zu sammeln.
  • Wenn die Karaffe bereitsteht, nimmst du die Karaffe in die eine und den Wein in die andere Hand. Halte die Karaffe leicht schräg und schütte den Wein schwungvoll durch den Sturz in die Karaffe, sodass er aufschäumt. Auf diese Weise kommt der Wein schon während des Umschüttens mit möglichst viel Sauerstoff in Kontakt.

  • Lass den Wein nicht zu lange in der Karaffe stehen. Nach spätestens einer Stunde solltest du noch einmal probieren, wie der Wein sich entwickelt hat – falls du zum ersten Mal karaffierst, gerne auch früher. Dadurch bekommst du ein Gefühl dafür, wie sich der Geschmack durch das Karaffieren verändert hat.
  • Wenn die Adstringenz der Tannine und die Ausdruckslosigkeit einer harmonischen Aromatik gewichen sind, sollte der Wein getrunken werden.